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Wissenschaft Persönlich: Isabell Harder

Frau lächelt in die Kamera
Die "Transferkoordinatorin Universität & Schule" über geheimnisvolle Pulver, nicht bestandene Führerscheinprüfungen und die Bremer Wissenschaft.

© WFB/Ginter

Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.

Im Juni 2019 stand uns die gebürtige Siegenerin Isabell Harder Rede und Antwort. Sie verrät, warum sie die Bremer Wissenschaftsszene mit einem Ameisenvolk vergleichen würde und erzählt über Verbindlichkeit, Engagement und Begeisterung der Bremer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.

  • Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftskommunikatorin geworden wären?
    Wahrscheinlich Literaturwissenschaftlerin.
  • Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?
    Eigentlich finde ich meinen Job als Wissenschaftskommunikatorin immer super. An meiner aktuellen Stelle begeistert mich das Engagement der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besonders. Oftmals ist Wissenstransfer für Kinder & Jugendliche ja nicht ihr Kerngeschäft. Trotzdem bauen sie Schülerlabore auf, entwickeln Workshop-Formate und halten Vorträge, bei denen der Funke überspringt.
  • Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besuchern erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?
    Ich würde meine Kolleginnen und Kollegen einladen, ihre Angebote für Kinder & Jugendliche dort vorzustellen. Am besten immer mit einem kleinen praktischen Experiment zum Mitmachen. Außerdem würde ich ganz viele Bilder und Videos zeigen, auf denen sichtbar wird, wie spannend Wissenschaft sein kann – für Groß genauso wie für Klein.
  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?
    Es gehört heute zum Selbstverständnis einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers, dass sie über ihre Forschung mit der Öffentlichkeit ins Gespräch kommen. Nun kann man sich gut vorstellen, dass das eine Herausforderung ist. Die Forschenden müssen schließlich auch ihre Projekte bearbeiten und sind in der Regel keine ausgebildeten Profis in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Deshalb gibt es Kommunikatorinnen und Kommunikatoren wie mich. Wir unterstützen und professionalisieren die Öffentlichkeitsarbeit. Dabei halten wir uns aber im Hintergrund und bringen die auf die Bühne, die ihre Begeisterung am besten rüberbringen: die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst.

    Seit ich vor fast 10 Jahren in diesem Job angefangen habe, ist die Zahl der professionellen WissenschaftskommunikatorInnen deutlich gestiegen. Bei den Treffen des Netzwerks Wissenschaftskommunikation Bremen/Bremerhaven kann man das erleben. Das Netzwerk haben meine Kollegin Dr. Julia Gantenberg und ich vor ein paar Jahr initiiert. Wir wollten einen Rahmen bieten, in dem sich Kolleginnen und Kollegen austauschen können. Dadurch, dass Bremen so ein starker Wissenschaftsstandort ist, kommen da eine ganze Menge Leute zusammen. Aus diesem Netzwerk ist übrigens auch die Idee hervorgegangen, das Bremerhavener Format "SCIENCE GOES PUBLIC!" nach Bremen zu holen.
  • Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?
    Ich bin der festen Überzeugung, dass Wissenschaft einer der Grundpfeiler der Demokratie ist. Aber nur, wenn die Erkenntnisse der Wissenschaft auch jeder und jedem zur Verfügung stehen. Nur so können wir fundiert Entscheidungen treffen, wie unsere Gesellschaft heute und in Zukunft aussehen soll. Ich mache da keine Unterschiede zwischen den Disziplinen. Naturwissenschaften sind dafür genauso wichtig wie Geisteswissenschaften.

    Dabei reicht es aber nicht, wenn wir alles Wissen einfach so in Bücher schreiben oder ins Internet stellen. Wir müssen uns auch Mühe geben, dass die Bürgerinnen und Bürger es verstehen und sich kritisch damit auseinandersetzen können. Deswegen fängt meiner Meinung nach gute und wirksame Wissenschaftskommunikation schon bei Angeboten für die ganz Kleinen an und sollte das lebenslange Lernen durchgängig begleiten.

    Einen Fortschritt sieht man bei so hehren Zielen im Großen natürlich nicht so schnell. Aber ich habe schon oft erlebt, wie einzelnen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen förmlich ein Licht aufgegangen ist. Wenn die Augen anfangen zu funkeln und hitzig nachgefragt und diskutiert wird, weiß ich: Es hat mal wieder funktioniert!
  • Verraten Sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?
    Meiner Meinung nach geht nichts über den direkten persönlichen Austausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Forschenden. Deswegen mag ich Tage der offenen Tür, Workshops und Vorträge mit anschließender Diskussion sehr gerne. Es ist großartig, wenn man merkt: Echter Forschergeist ist ziemlich ansteckend!

    Wenn es aber um die Reichweite geht, schlagen die Sozialen Netzwerke natürlich alles andere. Deswegen twittere ich fleißig und empfehle auch Forschenden immer wieder, sich dort oder bei Instagram stärker in die Diskussion einzuschalten.
  • Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremen? Und woher kamen Sie?
    Geboren und aufgewachsen bin ich in Siegen. 2005 bin ich zum Studium nach Bremen gekommen. Eher zufällig: Eine Freundin wollte unbedingt nach Bremen, um hier Politik zu studieren und wir wollten zusammen eine WG aufmachen. Und nach dem Studium bin ich geblieben, weil's mir hier so gut gefällt.
  • Was schätzen Sie am Land Bremen als Wissenschaftsstandort? Was hält Sie hier?
    Ich bin jeden Tag wieder begeistert, welche spannende & großartige Forschung in unsere Stadt und in unserem Bundesland betrieben wird. Hier kann man als Wissenschaftskommunikatorin richtig was bewegen. Für gute Ideen findet man schnell MitstreiterInnen. Mir gefällt dabei besonders die Verbindlichkeit der BremerInnen. Wenn man sagt: "Das machen wir zusammen", dann macht man das auch. Deswegen bin ich nach einem beruflichen Ausflug in die Hamburger Wissenschaftslandschaft auch sehr gerne wieder zurückgekommen.
  • Fehlt Ihnen etwas?
    Etwas mehr Selbstbewusstsein könnte Bremen vertragen. Ich bin ein echter Fan dieses Bundeslandes und finde es schade, dass wir öffentlich immer nur breittreten, was schiefläuft. Ab und zu sollten wir uns auch mal gegenseitig auf die Schulter klopfen und dem Rest der Republik zeigen, was hier so alles richtig schön ist und gut funktioniert.
  • Die Wege in Bremen und Bremerhaven sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?
    Zur Arbeit: mit dem Auto. Auf dem Campus: zu Fuß. Zu dienstlichen Terminen: mit der Linie 6 natürlich (und dem Rest des ÖPNV).
  • Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?
    Irgendwie muss ich an ein Ameisenvolk denken. Fleißig, nützlich und unermüdlich im Einsatz, aber leider ein bisschen auch "Hidden Champion". Obwohl man sie überall entdecken kann, wenn man genau hinschaut. Die Wissenschaft ist schließlich eine der größten Arbeitgeberinnen im Land Bremen.
  • Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?
    Die Größte Herausforderung war meine erste Mitarbeit an der Beantragung eines Sonderforschungsbereichs (SFB). Sonderforschungsbereiche sind langfristige, auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren angelegte Forschungseinrichtungen der Hochschulen, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Rahmen eines fächerübergreifenden Forschungsprogramms zusammenarbeiten – und eben auch professionell Öffentlichkeitsarbeit machen.

    An der Bewilligung eines SFBs hängt viel Geld und viele Stellen. Da wollte ich natürlich nichts falsch machen – zumal es vorher noch nicht viele SFBs gab, die auch ein Konzept für ihre Öffentlichkeitsarbeit mit ins Feld geführt haben. Aber wir konnten die Gutachterinnen und Gutachter überzeugen und jetzt läuft der SFB/TRR 136 "Prozesssignaturen" schon seit einigen Jahren erfolgreich.
  • Welche stehen Ihnen noch bevor?
    In diesem März habe ich zusammen mit dem Bremer Schünemann-Verlag mein erstes Kinderbuch veröffentlicht: "Finja forscht! Das geheimnisvolle Pulver". Bei diesem einen Buch soll es aber eigentlich nicht bleiben. Insgesamt möchte ich fünf Bücher schreiben. In jedem Band der Reihe soll es um einen anderen Wissenschaftsschwerpunkt im Land Bremen gehen. Ich habe das Gefühl, da habe ich mir ganz schön viel vorgenommen.
  • Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?
    Bleib immer neugierig! Egal, ob es darum geht, in ein neues wissenschaftliches Thema einzutauchen oder einen neuen Menschen kennen zu lernen: Ich bin immer offen und gespannt, was auf mich zukommen wird.
  • Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?
    Ich bin mit 19 zweimal durch die praktische Führerscheinprüfung gefallen und habe erst beim letzten Versuch bestanden. Das war das erste Mal, dass etwas bei mir richtig schiefgelaufen ist, was andere einigermaßen locker schaffen. Das erdet – auch heute noch, wenn ich daran zurückdenke.
  • Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?
    Am Strand der wunderbaren Insel Föhr.
  • Der/Die nächste Nachwuchswissenschaftler/in zieht nach Bremen. Was würden Sie ihm/ihr raten, wo er/sie wohnen und abends weggehen soll?
    Ich glaube, momentan zieht man in die Neustadt – oder ist das schon wieder vorbei? Ich fand's aber auch super, in Findorff zu wohnen. Und Weggehen natürlich im Viertel.
  • Mit wem würden Sie ihn/sie hier in Bremen oder Bremerhaven bekannt machen wollen?
    Mit unseren zahlreichen Museen in Bremen und Bremerhaven, dem Bürgerpark und natürlich dem Bremer Science Slam & SCIENCE GOES PUBLIC!
  • Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einer/m Bremer/in oder Bremerhavener/in tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?
    Das ist eine schwere Frage, da ich mich in meinem eigenen Leben ziemlich gut eingerichtet habe. Aber mich würde es reizen, mal einen Tag lang Straßenbahnfahrerin zu sein. Ich stelle mir vor, dass man Bremen dann mal aus einer ganz anderen Perspektive kennenlernt.
Isabell Harder

© WFB/Ginter

Steckbrief: Isabell Harder

Fachbereich / Forschungsfeld
Universität Bremen, Referat UniTransfer


Aktuelle Position / Funktion
Transferkoordinatorin Universität & Schule


Aktuelle Tätigkeit / aktuelles Forschungsprojekt
Unter anderem Organisation Kinder-Uni, Sommerakademie, Koordination der Angebote für Kinder, Jugendliche & Lehrkräfte auf dem Campus; Organisatorin des Bremer Science Slams & des Netzwerks Wissenschaftskommunikation Bremen/Bremerhaven (jeweils gemeinsam mit Dr. Julia Gantenberg)

Geburtsjahr
1985


Familienstand
Verheiratet

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