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Wissenschaft persönlich: Sigrid Dauks

Wissenschaft persönlich Frau Sigrid Dauks Universität Bremen - Archiv
Sigrid Dauks ist Leiterin des Archivs der Universität Bremen. Aktuell bereitet sie eine szenische Lesung und eine digitale Zeitleiste zur Geschichte der Universität Bremen aus Anlass ihres 50. Jubiläums vor.

© WFB/Jonas Ginter

Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.

Im Monat Oktober 2021 steht uns Frau Dauks, Archivleiterin der Universität Bremen, im Geburtstags-Monat Rede und Antwort. In diesem Jahr wird die Universität Bremen 50 Jahre alt. Dies ist eine besondere Gelegenheit, um die Universität national und international noch sichtbarer zu machen und zu zeigen, welche Bedeutung unsere Universität für Bremen und für die Gesellschaft hat. Zudem wird es zahlreiche Veranstaltungen und Angebote rund um das Jubiläum geben. Welche spannenden Einblicke Frau Dauks uns in ihr Leben und ihren Berufsalltag gewährt und sonst noch über sich verrät, lest ihr im Interview:

  • Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären?

Vermutlich wäre ich Sozialarbeiterin geworden.

  • Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?

Es sind insbesondere drei Momente, die mich mit Freude erfüllen: Die Sinnhaftigkeit meiner Arbeit sehe ich vor allem dann, wenn das Archivgut genutzt wird und ein Student oder eine Forscherin glücklich und mit neuen Erkenntnissen nach Hause geht.

Manchmal habe ich auch Gelegenheit, mich selbst in die Quellen zu versenken und für eine Anfrage oder eine Publikation zu recherchieren. Dann erwacht eine Art Jagdfieber in mir, und ich vergesse die Zeit auf der Suche nach einem Ereignis, seinem Ursprung, den Zusammenhängen und Folgen.
Besondere Momente entstehen auch, wenn uns ehemalige Professor*innen ihren Vorlass anvertrauen. Diese Unterlagen sind nicht nur lebendige Zeugnisse ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit, sondern in den begleitenden Gesprächen erfahre ich oft auch viel über die Lebensgeschichte; es sind sehr persönliche und beeindruckende Begegnungen.

  • Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besucher:innen erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?

Der Stand wäre einem Archivmagazin nachempfunden: Eine Regalwand mit herausziehbaren Archivboxen, in denen die Besucher*innen stöbern und typische Quellen aus der Uni-Geschichte finden könnten (z. B. Flugblätter und Flyer, Studierendenzeitungen, Vorlesungsverzeichnisse und Forschungsberichte, Fotos, Gremienprotokolle und Presseartikel). Außerdem gäbe es eine große Fotocollage mit Personen, Ereignissen und Gebäuden aus den vergangenen 50 Jahren, denn Fotos wecken immer Neugierde, und momentan erschließe ich hauptsächlich Bildsammlungen.

  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?

Archive sind das Gedächtnis der Gesellschaft. Sie bewahren umfangreiche Zeugnisse unserer Geschichte und machen sie für die Forschung sowie für jede*n interessierte*n Bürger*in zugänglich. Das Archiv der Universität Bremen ist ebenfalls ein öffentliches Archiv. Hier liegen Akten und vielfältige andere Materialien, die die Gründung und Entwicklung der Universität nachvollziehbar machen. Diese Quellen können für universitäts- und wissenschaftshistorische, für biografische sowie regional- und lokalgeschichtliche Fragestellungen ausgewertet werden.

  • Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?

Archivar*innen retten sicherlich nicht die Welt. Doch sie tragen mit dazu bei, dass wir die Welt in der wir leben, besser verstehen können. Denn nur wenn wir die Vergangenheit kennen, können wir die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.

  • Verraten sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?

Meine liebsten Arbeitsutensilien sind dünne weiße Baumwollhandschuhe, denn mit ihnen kann ich bedenkenlos in alten historischen Dokumenten und Fotos blättern. Die wichtigste Methode ist für mich nach wie vor die Quellenkritik. Die Analyse bezieht sich einerseits auf die Beschaffenheit eines Dokuments oder eines Fotos, andererseits auf seinen Inhalt, die Qualität der Informationen.

  • Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremen? Und woher kamen Sie?

Die Liebe und das Studium haben mich nach Bremen geführt. Mittlerweile lebe ich hier seit 30 Jahren und fühle mich pudelwohl, dennoch bleibe ich im Herzen immer auch Ostwestfälin.

  • Was schätzen Sie am Land Bremen als Wissenschaftsstandort? Was hält Sie hier?

Als Archivarin und Historikerin schätze ich sowohl die breite und gut vernetzte Archivlandschaft als auch das Angebot an historischen Museen, Sonderausstellungen, Vorträgen und Stadtführungen.

  • Fehlt Ihnen etwas?

Da die Geschichte und Gegenwart Bremens stark durch Migration, durch Ein-, Aus- und Zuwanderung geprägt sind, wäre ein Zentrum für Migrationsgeschichte ähnlich dem DOMiD in Köln eine große Bereicherung für die Menschen (nicht nur) in Bremen.

  • Die Wege in Bremen und Bremerhaven sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?

Mit meinem alten blauen Fahrrad: Mit ihm bin ich schnell, umweltfreundlich und gesund unterwegs.

  • Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?

Den Tintenfisch: Ein Körper mit 8-10 Armen, die unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen repräsentieren. Die Arme sind beweglich, können sich in viele Bereiche der Gesellschaft erstrecken und dort mit den Saugnäpfen andocken. Sie können sich aber auch interdisziplinär verschränken oder gar verknäueln, so dass die Wissensproduktion für Laien nicht mehr so leicht verständlich ist

  • Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?

Der Abschluss meines ersten Studiums war ein immenser Kraftakt. Ich hatte viel zu viel Material für meine Magisterarbeit über Kinderarbeit im Kaiserreich recherchiert und hatte Mühe den berühmten roten Faden zu finden. Am Ende hat es sich gelohnt; ich konnte die Studie sogar veröffentlichen.

  • Welche stehen Ihnen noch bevor?

Beruflich besteht die größte Herausforderung momentan darin, die digitale Überlieferung der Universität zu sichern und zu archivieren. Nachdem lange Zeit hybride Ablagen geführt wurden, d. h. sowohl analoge Papierakten als auch Email- und Windows-Ordner, findet das Dokumentenmanagement mittlerweile fast nur noch digital statt. Hierfür müssen einheitliche Regelungen entwickelt werden, denn sonst ist es für uns Archivar*innen nahezu aussichtslos, die Daten hinsichtlich ihrer Archivwürdigkeit zu bewerten und für die Nachwelt zu sichern.

  • Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?

Eine Formel habe ich nicht. Doch ich habe gute Erfahrung damit gemacht, Verbündete zu suchen, die mir den Rücken stärken, oder ein Netzwerk zu bilden, denn gemeinsam lässt sich mehr bewegen. Auch Beharrlichkeit und ein langer Atem können manchmal zum Erfolg führen.

  • Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?

Mir fällt kein konkretes Ereignis ein. Im Laufe meines Lebens habe ich jedoch gelernt, dass es keine Schwäche ist, sich Hilfe zu holen, sondern dass darin Stärke liegt.

  • Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?

Das Zauberwort heißt Bewegung: Das ganze Jahr über mit dem Rad zur Arbeit fahren, Spaziergehen, Yoga und Tanzen; im Sommer auch sehr gerne Stand-Up-Paddeling. Sobald ich mit meinem Board auf dem Werdersee bin, fällt alle Hektik von mir ab, und ich bin tatsächlich ganz im Hier und Jetzt.

  • Der/Die nächste Nachwuchswissenschaftler/in zieht nach Bremen. Was würden Sie ihm/ihr raten, wo er/sie wohnen und abends weggehen soll?

Empfehlen würde ich meinen Lieblingsstadtteil: die Neustadt. Hier ist der Wohnraum zwar auch knapp und teuer geworden, und es gibt viel Verkehr und den Flugbetrieb, doch insgesamt lässt es sich hier gut leben. Es gibt Buch- und Bioläden, Wochenmärkte und Cafés, Galerien und Museen, Sportvereinen und ein abwechslungsreiches abendliches Kultur- und Freizeitangebot für jedes Alter mit Musikkneipen, Tanz und Theater, Imbissen und Restaurants sowie im Sommer Open-Air-Veranstaltungen.

  • Mit wem würden Sie ihn/sie hier in Bremen oder Bremerhaven bekannt machen wollen?

Das würde ich vom Typ, Alter und Interessen abhängig machen. Doch sicherlich mit meinen Freundinnen und Freunden, denn es sind wunderbare Menschen.

  • Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einer/m Bremer/in oder Bremerhavener/in tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?

Es wäre bestimmt eine enorme Bereicherung, die Welt mit den Erfahrungen und den Augen eines anderen Menschen erleben zu können, doch es gibt keine konkrete Person, mit der ich tauschen möchte. Eine Zeitreise in das Bremen des 19. Jahrhunderts würde mich hingegen mehr reizen.

Portrait Frau Sigrid Dauks Universität Bremen Archiv

© WFB/Jonas Ginter

Geburtsjahr

1966

Fachbereich / Forschungsfeld

Universitätsarchiv

Aktuelle Position / Funktion

Archivleiterin

Familienstand

ledig

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