Wissenschaft persönlich: Lina Falivena

Wissenschaft persönlich: Lina Falivena Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven
Lina Falivena kommt aus dem Bereich der Migrationsmuseologie und ist wissenschaftliche Teamleitung des Projekts "Deine Geschichte - schreibt Einwanderungsgeschichte" am Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven. Die erste der vier Sonderausstellungen heißt "...bisschen anders, aber genauso." und erzählt die kubanisch-deutsche Geschichte in der DDR und BRD von 1964 bis heute.

© WFB/ Jonas Ginter

Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.

Im April stand uns Lina Falivena, Kuratorin des Projekts "Deine Geschichte - schreibt Einwanderungsgeschichte" am Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven, Rede und Antwort. Die vier partizipativen Sonder- und Wanderausstellungen im Rahmen des Ausstellungs- und Bildungsprojektes zur deutschen Einwanderungsgeschichte, erporben neue Möglichkeiten, Migration und Migrationsgeschichte darzustellen und Einwanderung als Teil deutscher Geschichte zu präsentieren.

Hier im Interview bekommt ihr weitere spannende persönliche und berufliche Eindrücke und erfahrt z. B. wie ein von Frau Falivena gestalteter Stand auf dem Freimarkt aussehen oder mit wem sie gerne mal für einen Tag ihr Leben tauschen würde:

  • Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftskommunikatorin geworden wären?

Wenn ich nur von meiner akademischen Laufbahn aus denke (und dabei kein Interesse für Migrationsmuseologie entwickelt hätte), dann wäre ich vielleicht Ethnologin geworden und würde mich auf Nauru oder dem Bikini-Atoll herumtreiben. Ein paar Parallelen zum Geworden-Sein lassen sich ja finden – mindestens die Arbeit am Wasser.

  • Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?

Das passiert meistens während der Konzeptionsphase, wenn wir zusammensitzen und überlegen, wie wir das Thema, an dem wir gerade arbeiten, unseren Besucher:innen eindrücklich vermitteln könnten. Für die Begeisterung sorgt dann das Bewusstsein, das wir uns gemeinsam auf dem richtigen Dampfer wissen und meinen, den Ankunftshafen im Nebel erspäht zu haben – also der Moment kurz vor der guten Idee!

  • Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besucher:innen erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?

„Hallo! Tragen Sie etwas bei sich, das Sie mit Migration verbinden? Würden Sie es kurz in diese leere Vitrine stellen und ein paar Sätze dazu schreiben? Eine andere Person hat uns ihren Schlüsselanhänger dagelassen. Wie würden Sie diesen mit Ihrem Gegenstand und dessen Migrationsgeschichte in Beziehung setzen? Was glauben Sie, wie könnte die Zusammenstellung dieser beiden Gegenstände mit Geschichtsschreibung zusammenhängen?“

  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?

“A museum is a not-for-profit, permanent institution in the service of society that researches, collects, conserves, interprets and exhibits tangible and intangible heritage. Open to the public, accessible and inclusive, museums foster diversity and sustainability. They operate and communicate ethically, professionally and with the participation of communities, offering varied experiences for education, enjoyment, reflection and knowledge sharing.”

Besser als die ICOM-Museumsdefinition könnte ich es nicht ausdrücken!

  • Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?

Wir retten die Welt nicht, aber wir bewahren Ausschnitte aus vielen kleinen Welten auf - persönliche Zeitzeugnisse, Familiengeschichten und Objekte. Aber den Gedanken lasse ich mir, wenn auch mit einigen Bedenken, durch den Kopf gehen: Wie sähe eine Ausstellung aus, die alle Besuchenden die Welt retten lassen wollen würde?

  • Verraten Sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?

Zeitgenössische Quellen und narrative Interviews.

  • Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremerhaven? Und woher kamen Sie?

Von Göttingen nach Bremerhaven im Frühjahr 2019. Ich bin, ganz klassisch, für die Arbeit umgezogen.

  • Was schätzen Sie am Land Bremen als Wissenschaftsstandort? Was hält Sie hier?

Ich schätze die verschiedenen Formate wissenschaftlicher Einrichtungen, die sich der Wissenschaftskommunikation verschrieben haben.

  • Fehlt Ihnen etwas?

Eine geisteswissenschaftliche Studierendenschaft in Bremerhaven und all das, was diese mit sich bringt.

  • Die Wege in Bremen und Bremerhaven sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?

Bei Wind und Wetter: Zu Fuß!

  • Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?

Darauf konnte ich nicht einmal bei längerem Nachdenken eine zufriedenstellende Antwort finden (sagte Frederick zu Piggeldy).

  • Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?

Wahrscheinlich das Zusammentreffen der Pandemie mit der Erweiterung und Neueröffnung des Museums.

  • Welche stehen Ihnen noch bevor?

All die, denen ich mich noch nicht gestellt habe – und wahrscheinlich auch noch einmal die bereits zurückliegenden.

  • Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?

Ich habe keine Begabung für Mathematik.

  • Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?

Hoffnungslose Unterfangen von Utopien zu unterscheiden - trotz persönlicher Neigung zur Beharrlichkeit. Anders gesagt: Das Mathematikstudium gar nicht erst aufzunehmen.

  • Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?

Durch Nachdenken und dann das Gedachte mit einem oder mehreren Gegenübern zu teilen.

  • Die nächsten Nachwuchswissenschaftler:innen ziehen nach Bremerhaven. Was würden Sie ihnen raten, wo man wohnen und abends weggehen soll?

Da würde ich mich mit der Person erst einmal über die für sie ideale Wohnumgebung austauschen wollen. So ein Gespräch ließe sich gut in der Gastwirtschaft Alt-Bremerhaven angehen.

  • Mit wem würden Sie diese Wissenschaftler:innen hier in Bremen oder Bremerhaven bekannt machen wollen?

Mit den Exponaten und den dazugehörigen Geschichten in unserem Museum.

  • Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einer Bremerhavener Persönlichkeit tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?

Morgens mit derjenigen Person, die sich im Bürgerpark um die Tiere kümmert oder die Blumenbeete anlegt. Mittags mit derjenigen Person, die im Müll-Heiz-Kraftwerk Führungen gibt und am Nachmittag mit derjenigen Person, die sich im Hafenbetrieb um die Logistik kümmert. Und den Abend würde ich als Journalistin in der Alten Bürger verbringen, zu der Zeit, in der die amerikanischen Militärangehörigen noch hier lebten.

Wissenschaft persönlich: Lina Falivena Portrait Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven

© WFB/ Jonas Ginter

Geburtsjahr

1992

Fachbereich / Forschungsfeld

Migrationsmuseologie

Aktuelle Position/ Funktion

Wissenschaftliche Teamleitung des Projekts "Deine Geschichte - schreibt Einwanderungsgeschichte" am Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven

Aktuelle Tätigkeit

Kuratieren von Sonderausstellungen zur deutschen Einwanderungsgeschiche, die neue Möglichkeiten erporben, Migration und Migrationsgeschichte darzustellen und Einwanderung als Teil deutscher Geschichte zu präsentieren

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Zur Website:

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