Wissenschaft persönlich: Claudia Sobich

Eine Frau steht in einer Halle vor großen Geräten.
Claudia Sobich ist Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Projektentwicklung am Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT). Als Wissenschaftskommunikatorin möchte sie wissenschaftliche Erkenntnisse der Allgemeinheit zugänglich machen.

© WFB / Jonas Ginter

Bremens Wissenschaft ist exzellent! Und daran haben natürlich die vielen schlauen Köpfe, die sich in den Laboren und den Hörsälen tummeln, erheblichen Anteil. Wer steckt hinter dem Erfolg der Bremer Wissenschaft? In unserer Porträt-Reihe Wissenschaft persönlich stellen sich Wissenschaftler:innen und Wissenschaftskommunikator:innen regelmäßig unseren Fragen und verraten, was sie an ihrer Arbeit lieben und warum der Standort Bremen für sie genau der richtige ist.

Im Oktober 2023 stand uns Claudia Sobich, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Projektentwicklung am Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien, Rede und Antwort. Als Wissenschaftskommunikatorin fördert sie Dialog, stößt Reflexionen an und macht Werbung für einen demokratischen Umgang mit Wissen. Warum Claudia Sobich denkt, dass wir dringend die Welt retten müssen, wie sie dazu beitragen möchte und welche Projekte ihr besondere Freude bereiten, erfahrt ihr in diesem Interview:

  • Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären?

Ich habe nicht strategisch darauf hingearbeitet, Wissenschaftskommunikatorin zu werden. Ich bin einfach immer meiner Neugier gefolgt und mich hat jede Tätigkeit zum Bleiben überzeugt, bei der ich die Möglichkeit hatte, viel zu lernen und immer wieder Neues entdecken zu können. Mit Menschen im Austausch zu sein, ist für mich ebenfalls wichtig. Also bin ich dort, wo ich beruflich angekommen bin, gar nicht so schlecht aufgehoben. Ich habe mich in meinem Leben allerdings beruflich öfter neu erfunden und bis zur Rente sind ja noch ein paar Jahre, also mal schauen, wohin die Reise auch noch weitergeht…

  • Wann finden Sie Ihren Job klasse? Welche Momente sorgen für Begeisterung?

Ich finde es spannend, gemeinsam mit Wissenschaftler:innen Projekte umzusetzen, bei denen komplexe Forschungsthemen verständlich und erlebbar werden. Dabei hat es für mich einen besonderen Charme, wenn dies in ungewöhnlichen Zusammenhängen geschieht. Also z. B. Aktionen, bei denen der Zugang zur Wissenschaft über eine künstlerische Perspektive erfolgt oder mit Wissenschaftler:innen in die Schule zu gehen und für Schulkinder die eigenen Forschungsthemen an Themen im Lehrplan anzuknüpfen. Da kommen tolle Diskussionen, spannende Betrachtungen und erstaunliche Ideen zutage. Das sind Momente, in denen ich meine Arbeit richtig liebe.

  • Stellen Sie sich vor, Sie hätten auf dem Freimarkt einen Stand und müssten nun den Besucher:innen erklären, an was Sie gerade arbeiten – wie sähe Ihr Stand aus?

Vielleicht ein Labyrinth, in dem es hinter jeder Ecke etwas Neues zu entdecken gibt, kleine Experimente zum Beispiel. Es gäbe auch einen Raum, in dem man Fragen an die Wissenschaft stellen kann und die danach beantwortet oder erforscht werden, sowie einen weiteren Raum, um seine Wünsche und Ideen für die Zukunft zu malen oder zu beschreiben, kleine Inseln für Diskussionen und kreatives Gestalten.

  • Welche gesellschaftliche Bedeutung hat Ihre Arbeit und worin besteht der Nutzen?

Forschung und Wissenschaft werden durch Steuergelder finanziert. Ich finde es daher selbstverständlich, die Methoden und Ergebnisse transparent und anschlussfähig für möglichst alle Menschen unserer Gesellschaft darzustellen und damit produktive und kritische Auseinandersetzungen zu ermöglichen.

  • Wann sprechen Sie bei Ihrer Arbeit von Fortschritt? Oder anders gefragt: Womit retten Sie die Welt?

Ich glaube, wir müssen ganz dringend diese Welt retten, es ist höchste Zeit, sich zu engagieren und jede und jeder kann etwas tun. Dafür braucht es aber auch Wissen. Wissen über die Welt, über komplexe Zusammenhänge und auch ein Verständnis dafür, dass Wissenschaft immer nur den derzeitigen Kenntnisstand darstellt, der Morgen ein anderer sein kann. Die Wissenschaft allein kann uns nicht retten, sie zeigt Möglichkeitsräume auf und wir als Gesellschaft müssen daraus schlussfolgern und politisch umsetzen, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen. Das ist eine riesige Herausforderung. Als Wissenschaftskommunikatorin begreife ich mich als Akteurin, die Dialog fördert, Reflexionen anstößt, Werbung für einen demokratischen Umgang mit Wissen macht. Wichtig ist dabei immer für mich auch Begegnung und Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, wie beispielsweise bei Veranstaltungen wie Science goes Public!, bei dem Wissenschaftler:innen in die Kneipe gehen und ihre Forschung präsentieren.

  • Verraten Sie uns Ihr liebstes Arbeitsinstrument oder Ihre wichtigste Forschungsmethode?

Nichts bringt eine:n weiter als eine richtig gute Diskussion, auch gerne kritisch und respektvoll streitend. Aber zugegebenermaßen bin ich auch gerne kreativ digital unterwegs. Ich komme in einen Flow, wenn ich mit komfortabler Software Videos komponiere oder Poster gestalte.

  • Wann und warum führte Sie Ihr Weg nach Bremen? Und woher kamen Sie?

Ich bin eine Tagenbaren, also so richtig seit Generationen in Bremen verwurzelt. Reisen und unterwegs zu sein, ist fantastisch. Aber immer, wenn ich zurück in mein Dorf mit Straßenbahn komme, geht mir das Herz auf.

  • Was schätzen Sie am Land Bremen als Wissenschaftsstandort? Was hält Sie hier?

Die Vielfalt. Es gibt unglaublich viele tolle Wissenschaftler:innen in dieser Stadt mit spannenden Forschungsfragen und großem Engagement. Man kann hier viel bewegen und die Wege zu Entscheidungsträger:innen sind kurz. Es gibt zahlreiche Vernetzungsmöglichkeiten und -angebote und man kann hier schnell interessante Menschen kennenlernen, dafür braucht man nicht lange zu suchen.

  • Fehlt Ihnen etwas?

Mehr Geld für Forschung (und Wissenschaftskommunikation!) und feste Stellen für Menschen, die gern in der Wissenschaft bleiben und arbeiten wollen. Auch mehr Forschungsprojekte mit Bürger:innenbeteiligung fände ich großartig.

  • Die Wege in Bremen und Bremerhaven sind bekanntlich kurz. Wie bewegen Sie sich durch die Stadt?

Mit dem Fahrrad natürlich. Während der Corona-Zeit habe ich mich im Bedürfnis nach Bewegung noch viel mehr aufs Rad geschwungen und bin alle mir bis dahin unbekannten Wege zwischen Bremen-Ost und Vegesack abgefahren. Dabei sind dann in einem Sommer 3000 km zusammengekommen (auf kurzen Wegen!). Ich habe so ganz neue Perspektiven auf diese Stadt gewinnen können und erfahren dürfen, wie viele wunderbare Ecken und Plätze Bremen hat.

  • Wenn Sie die Wissenschaftsszene im Land Bremen mit einem Tier vergleichen sollten, welches würden Sie wählen und warum?

Ein Bienenvolk. Ein emsiges Treiben, viel fleißiges Mitteleinwerben, aber auch viel Gemeinschaft durch interdisziplinäre Zusammenarbeit.

  • Was war die größte Herausforderung Ihrer wissenschaftlichen/beruflichen Laufbahn, die Sie zu meistern hatten?

Ich finde jedes neue Projekt ist eine Herausforderung für sich. Am spannendsten war aber für mich die Mitarbeit in einem Sonderforschungsbereich, mit dem wir mit unseren Wissenschaftler:innen über einige Jahre auch eine Schulklasse begleitet haben. Wir wollten herausfinden, ob frühzeitige und regelmäßige Begegnung mit Technik, die Interessen und evtl. auch die Berufswahl von Schüler:innen beeinflusst. Wir waren einmal wöchentlich in der Schule, haben gemeinsam mit Lehrkräften Unterricht entwickelt und durchgeführt. Das war toll, aber organisatorisch anspruchsvoll.

  • Welche stehen Ihnen noch bevor?

Hoffentlich viele.

  • Haben Sie eine persönliche Erfolgsformel?

„Die goldene Regel heißt: Es gibt keine goldenen Regeln“ (George Bernhard Shaw)

  • Aus welchem Scheitern haben Sie am meisten gelernt?

Als der Sonderforschungsbereich überraschend nicht mehr weiterfinanziert wurde und dies trotz aller Erfolge ebenfalls das Ende des Schulprojektes bedeutete. Das war für mich persönlich und auch unsere Wissenschaftler:innen ein echtes Drama, da bei den Kindern so viel Begeisterung für dieses Projekt gewachsen und die Enttäuschung dann riesig war. Davon habe ich mitgenommen, Projekte, an denen Kinder beteiligt sind, nur noch nachhaltig zu gestalten und eine Finanzierung von Anfang an bis zum geplanten Ende sicherzustellen oder es ganz zu lassen.

  • Wobei oder wodurch wird Ihr Kopf wieder frei?

Erwähnte ich bereits, wie sehr mir Radfahren gefällt? Und beim Yoga kann ich auch sehr gut entspannen. Oder mit netten Leuten und klugen Köpfen im Gespräch bei einer Tasse Kaffee.

  • Die nächsten Nachwuchswissenschaftler:innen ziehen nach Bremen. Was würden Sie ihnen raten, wo man wohnen und abends weggehen soll?

Wohnen kann man überall toll in dieser Stadt, schade, dass sich die Wahrnehmung dafür so verändert hat in den letzten Jahren – so wie wohl in vielen größeren Städten. Für die Wissensdurstigen würde ich natürlich alle Kneipen empfehlen, die im Frühjahr und Herbst an Science goes Public! teilnehmen; ansonsten kann man abends am Fluss in einigen Biergärten wunderschöne Sonnenuntergänge einfangen.

  • Mit wem würden Sie diese Wissenschaftler:innen hier in Bremen oder Bremerhaven bekannt machen wollen?

Gerne mit allen, die ich so kenne.

  • Wenn Sie einen Tag lang Ihr Leben mit einer Bremer oder Bremerhavener Persönlichkeit tauschen könnten, wessen Leben würden Sie wählen?

Ich bin mit meinem eigenen so zufrieden, ich möchte keinen Tag tauschen. Vielleicht würde ich eine Nacht als Nachtwächterin im Museum verbringen, in der Hoffnung der Film „Nachts im Museum“ könnte wahr werden und ich könnte mit historischen Figuren über ihre alten Zeiten plaudern.

Frau steht lächelnd vor verschwommenen Bäumen.

© WFB / Jonas Ginter

Geburtsjahr

1966

Fachbereich / Forschungsfeld

Wissenschaftskommunikatorin, Kommunikationstrainerin und Coachin

Aktuelle Position / Funktion

Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Projektentwicklung am Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT)

Aktuelle Tätigkeit / aktuelles Forschungsprojekt

Social Media und Wissenschaftsmanagement

Familienstand

verheiratet, 1 Kind

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