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Ali Can, Schlosser / Schweißer

Portraitbild eines Mannes mit Stift in der Hand
"Man schaltet ab und lernt einfach; das ist wie Schule - nur mit Spaß"

© brandfisher

Ali Can ist 57 und von Beruf Schlosser / Schweißer. Er arbeitet als Leiharbeiter bei der Atek GmbH und engagiert sich ehrenamtlich im Verein für gleiche Rechte, Bremerhaven.

  • Was war die letzte Bildungszeitveranstaltung, an der Sie teilgenommen haben?
    Vor fünf Jahren hab ich das gemacht, aber ich war in keinem ordentlichen Betrieb beschäftigt. Ich war immer noch Leiharbeiter und habe mir dafür dann eine Woche frei genommen. Ich habe also meine eigene Freizeit verwendet. Es ging um die multikulturelle Gesellschaft. Also: Wie stellen wir uns eine multikulturelle Gesellschaft vor? Wohin entwickelt sich die Gesellschaft? Parallelgesellschaften, Leitkultur und allgemein so Integrationsgeschichten waren das Thema.

  • Weshalb haben Sie für die Teilnahme an diesem Seminar Urlaub genommen?
    Wenn Leiharbeiter bei der Leihfirma angestellt sind, die Leihfirma also der Betrieb ist, und man da länger als 6 Monate angestellt ist, dann hat der Leiharbeitnehmer auch Anspruch. Auf einer Baustelle ist das aber schwierig. Man arbeitet drei Monate hier, zwei Tage dort, fünf Tage da. Aber rechtlich ist der Arbeitgeber verpflichtet.
    Ein Bekannter von mir ist mein jetziger Chef. Aber selbst dann: Wenn ich sagen würde, ich möchte Bildungszeit nehmen, dann würde sich sein Gesicht ändern (lacht). Ich würde ihn vielleicht unter Druck setzen, aber er sagt eigentlich: "Ich verdiene nicht so viel, dass ich dich unbezahlt frei lassen kann." Zurzeit sind die Preise so runtergedrückt. Das ist Konkurrenzkampf.
    Für die Leihfirmen wäre es aber klug, weil es nicht immer sofort Anschlussjobs gibt für den Leiharbeitnehmer. So könnte man Lücken füllen.

  • Wie sind Sie darauf gekommen, Bildungszeit zu nehmen?
    Die Gewerkschaft hat mich darauf gebracht. Die hatten mir so ein Angebot gemacht und in dem Bereich beschäftige ich mich ehrenamtlich. Die Gewerkschaft hat dann auch die Teilnahmegebühren bezahlt. Das ist eine erhebliche Erleichterung. Das waren ca. 150 Euro. 150 oder 250 Euro zu bezahlen, ist nicht so einfach. Und dann ja noch aus eigener Tasche frei nehmen, also unbezahlt Urlaub nehmen.

  • Was ist Ihre Motivation, nochmal an einer Bildungszeitveranstaltung teilzunehmen?
    Ich weiß dass es praktische Themen gibt zu beruflichen Sachen oder Umwelt/Nordsee und andere Sachen. Aber ich bin eher interessiert an politischen Themen. Wegen meiner Aktivitäten. Wohin das jetzt geht, also zum Beispiel mit den Gewerkschaften und anderen Sachen. Ich mache mir über den Erwachsenenbildungsbereich und auch den Integrationsbereich Gedanken. Wie gehen wir denn jetzt damit um? Das würde mich interessieren. Mehr politische und gewerkschaftliche, soziale Themen würden mich interessieren.

  • Haben Sie schon eine Idee, worum es in Ihrer nächsten Bildungszeit gehen soll?
    Im Moment nicht, nein. Ich habe eine schwierige persönliche Zeit gehabt und jetzt hab ich wieder meine Ruhe. Jetzt muss ich in Ruhe nachdenken. In meiner jetzigen Firma hab ich praktisch fast gar keine Möglichkeit, Bildungszeit zu nehmen. Ich muss erst mal meinen Chef überzeugen. Mit kleinen Firmen ist das so ein Ding mit den Rechten und Pflichten – da ist das nicht so bekannt.

  • Welche Hindernisse sehen Sie persönlich und beruflich für die Nutzung von Bildungszeit?
    Viele haben Angst, Bildungszeit zu beantragen. Auf einmal fehlst du und die sagen: „Was ist das denn? Wofür denn?“. Man versucht also, dir ein schlechtes Gewissen einzureden. Dass du dieses Recht nicht hast – so ungefähr. Das macht großen Druck natürlich. Bei großen Betrieben geht es bestimmt besser. Manchmal vergessen es die Leute aber auch einfach, wann sie das letzte Mal Bildungszeit hatten.

  • Welchen persönlichen und welchen beruflichen Nutzen hat Bildungszeit für Sie?
    Allgemein ist die Erwachsenenbildung und insbesondere die Bildungszeit nötig, weil wir Arbeiter gar keine Zeit dafür haben, uns weiterzubilden. Normaler Urlaub, da liest man ab und zu mal einige Zeitungen und Bücher, aber nicht so gezielt. Umweltbewusstsein zum Beispiel, da haben wir momentan ja viele Angebote – Nordsee und Klima usw. – und wer hat denn sonst die Möglichkeit, sich damit zu beschäftigen? Und das bringt einen persönlich weiter. Mich hat Gewerkschaftsarbeit und Integration interessiert, da hat mich das Angebot unterstützt.
    Durch die Bildungszeit schaltet man ein Mal von seinem täglichen Leben ab und dann lernt man einfach. So eine Art Schule, aber mit Spaß dran. Das machen wir meistens außer Orts. Das ist beliebt – weg von diesem täglichen Stress. Das Seminar dauert ja nicht 24 Stunden. Meistens ist um 18 Uhr Feierabend und nach dem Essen konnte man die Freizeit genießen, zum Beispiel in Wremen oder Bad Zwischenahn. Man hat sich gleichzeitig einfach wie im Urlaub gefühlt, aber mit Bildungszweck.
    Du kannst in einer Woche nicht alles lernen, aber du hast bestimmte Anregungen gekriegt. Und dieser Erfahrungsaustausch in der Gruppe! Du kannst auch alleine lernen heutzutage, da gibt es auch online solche Seminare. Ich halte aber nicht so viel davon. Dieser Erfahrungsaustausch in der Gruppe schafft ein ganz anderes Klima, Bewusstsein und Lerneffekte. Das finde ich ganz toll! Ich hatte jedes Mal das Gefühl, dass ich ein neues Fenster im Leben aufgemacht habe bei jedem Lernprozess. Deswegen ist es für mich wichtig!

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