Stationen Natur-Runde Bremerhaven
Foto: WFB/ Ingo Wagner
1. Viel Grün von Bürgern für Bürger
Spielplätze, Grillplätze, Bootsteich und ganz viel Natur der Bürgerpark bietet viel Abwechslung. Als Beispiel grüner Parkarchitektur des späten 19. Jahrhunderts entstand die Anlage 1908 auf Initiative Bremerhavener Lehrer. Aus Acker- und Weideland wurde ein Ort der Erholung. In der Nähe des Haupteingangs steht eine Skulptur des Stadtoriginals Hein Mück. Die wahre Identität des Seemanns bleibt bis heute rätselhaft. Wir biegen links ab, umrunden den Park, folgen der Tour an Kleingärten und dem Golfplatz vorbei über die Autobahn hinweg, rechts in eine Grünanlage: der Bürgerhain. Seit 2010 sind Baumspenden hier ausdrücklich erwünscht. In Sichtweite ragt blau schimmernd das Klinikum Bremerhaven auf.
Foto: WFB Bremen/ Ingo Wagner
2. Wo die Moorfrösche quaken
Den Bürgerhain hinter uns lassend, radeln wir durch ein Wohn- und kleines Gewerbegebiet. Gleich dahinter befindet sich das Landschaftsschutzgebiet Surheide-Süd/Ahnthammsmoor. Das gesamte Areal ist ein Mischgebiet aus Moor und Heide und damit eine wahre Schatzkammer der Natur, in der unter anderem der Fliegen fressende Sonnentau wächst. Hier fühlen sich Schlangen, seltene Reptilien und Amphibien gleichermaßen wohl: Mit ein bisschen Glück sieht man Kreuzottern, Ringelnattern und Blindschleichen oder hält Ausschau nach Mäusebussarden.
Foto: Stadtarchiv Bremerhaven
3. Auf den Spuren der Rasenden Emma
Unter der Autobahn und durch eine Wohnsiedlung hindurch biegt kurz hinter den Eisenbahnschienen links ein Radweg ab. Der Weg führt auf der Trasse der ehemaligen Kleinbahn hübsch an Kleingärten und Feldern entlang. Hier schnauften bis in die 1950er Jahre noch die Rasende Emma und der Feurige Elias durch die Landschaft Dampflokomotiven, deren Waggons Arbeiter und Güter in die Stadt und im Sommer Badegäste an den Weserstrand transportierten. Der Betrieb wurde 1964 eingestellt und wurde Teil der Geschichte Bremerhavens. Wir folgen dem ehemaligen Streckenverlauf und den verbliebenen Spuren der Kleinbahn bis wir etwas unvermittelt wieder mit Bremerhavens südlichstem Gewerbegebiet ins 21. Jahrhundert katapultiert werden.
Foto: WFB Bremen/ Lutz Achilles
4. Koexistenz voller Kontraste
Hier hat sich ein blau-gelber Gigant angesiedelt: die Ikea-Filiale Bremerhaven. Bei der Ansiedlung wurden wirtschaftliche Interessen und ökologische Ausgleichsmaßnahmen vorbildlich aufeinander abgestimmt. Bevor es wieder äußerst idyllisch wird, überqueren wir zunächst die ehemalige Bundesstraße und radeln entlang des Gewerbegebiets Bohmsiel. Geradeaus werden Hallen riesigen Ausmaßes sichtbar. Hier werden unter anderem Rotorblätter für On- und Offshore-Windkraftanlagen produziert. Nach etwa 400 Metern hat die Natur uns wieder. Inmitten malerischer Umgebung steht das alte Schleusenwärterhaus heute ein uriges Lokal mit Reetdach und schönem Sommergarten direkt am Flüsschen Lune.
Foto: WFB Bremen/ Lutz Achilles
5. Kleiner Fluss mit bewegter Geschichte
Über eine Brücke queren wir die alte Lune. Früher war der 43 Kilometer lange Nebenfluss der Unterweser ein relativ viel befahrenes Gewässer. Vor allem Ziegel wurden transportiert. Heute ist die Lune beliebt bei Kanufahrern. Wenige Meter weiter mündet der Fluss im historischen Seitenarm der Weser. Ab 1848 sorgte an dieser Stelle eine in Stein gefasste Schleuse für den Hochwasserschutz des Hinterlandes. Im Zuge der großen Erweiterung des Fischereihafens wurde die Schleuse in den 1920er Jahren durch ein neues Lunesiel ersetzt. Weiter geht es dem neuen Fahrradweg folgend. Hier sieht man noch einen Teil des alten Weserdeichs, bevor wir in die Straße Auf der Jührde abbiegen.
Foto: WFB Bremen/ Jeschke GFK
6. Stippvisite in Niedersachsen
Parallel zum historischen Weserseitenarm geht es geradewegs durch ein Landidyll auf der anderen Seite der Landesgrenze: Ueterlande gehört bereits zu Niedersachsen. Ein kleiner Abstecher in die Ortsmitte lohnt vor allem wegen der malerischen Bauernhäuser an der Oldenburger Straße und der früheren Behausungen der Landarbeiter: Die sogenannten Köthnerhäuser stehen in der kleinen Straße Finkenburg, die von der Ueterlander Sielstraße abgeht. Das 1270 erstmalig urkundlich erwähnte Dörfchen Ueterlande ist nun für einige Kilometer die letzte bewohnte Ortschaft, bevor wir uns von der Deichstraße aus rechts abbiegend auf dem besten Wege zur einzigartigen Landschaft der Luneplate befinden.
Foto: WFB Bremen/ Ingo Wagner
7. Grünes Paradies im Gezeitenspiel
Obwohl Wasserbüffel früher in Norddeutschland beheimatet waren (vor 3.000 Jahren), sind sie heute ein ungewöhnlicher Anblick. Die Binsen, Schilf und Gras fressende Büffelherde auf der Luneplate ist ein Teil der Ausgleichmaßnahmen für den Hafenausbau mit neuen Container-Terminals in Bremerhaven. Die mächtigen Tiere gehören inzwischen zur Luneplate wie Uferschnepfe und Sandregenpfeifer. Vom Aussichtsturm aus hat man einen fantastischen Blick auf den Tidepolder. Die künstlich angelegte Überflutungsfläche liegt tiefer als das Weserhochwasser und wird zweimal am Tag überspült. Ein beeindruckender Anblick und ein Paradies für Fische, Muscheln, Krebse, Schnecken und tausende von Wasser-, Wat- und Brutvögeln.
Foto: WFB Bremen/ Lutz Achilles
8. Ebbe und Flut am Werk
Einige Radumdrehungen weiter passieren wir das Tideschöpfwerk, das der Be- und Entwässerung des Hinterlandes dient. So ermöglicht das Schöpfwerk der Landwirtschaft einen von der Jahreszeit unabhängig stabilen Wasserstand. Das Sperrwerk schützt den Polder vor übermäßiger Überflutung. Durch seine beiden Tore fließt das Hochwasser der Weser in den Polder. Steigt der Wasserstand zu sehr, wie etwa bei einer Sturmflut, schließen die sonst offen stehenden Tore automatisch. Überwacht wird das Sperrwerk vom Fischereihafen aus. Kurz vor dem Sturmflutsperrwerk beginnt der Deich, von dem aus man nicht nur die Natur, sondern auch die gegenüberliegende Industriekulisse im Blick hat.
Foto: WFB Bremen/ Lutz Achilles
9. Gegensätze im Blick
Beim Blick über den Deich in Richtung Nordenham auf die andere Weserseite kann man im Süden die Stahlbetonkuppel des Kernkraftwerkes Unterweser erkennen. Es wurde 1978 in Betrieb genommen und produzierte bis 2011 Strom. Nach der Katastrophe von Fukushima wurde das Kernkraftwerk Unterweser zunächst vom Netz genommen und im Rahmen der Energiewende schließlich ganz abgeschaltet. Einen schöneren Anblick ermöglicht das Beobachtungsversteck, das auf dem Weg in Richtung Stadt liegt. Von hier aus kann man manchmal unbemerkt den Artenreichtum des größten Naturschutzgebietes im Land Bremen bewundern.
Foto: WFB Bremen/ Fraunhofer Institut
10. Herausragende Architektur für hervorragende Forschung
Weiter auf dem Deich entlang treffen wir die alte Lune wieder, die hier einst in der Weser mündete. Auf dem Gelände des kleinen Flughafens auf der rechten Seite soll bis 2018 ein großer Offshore-Terminal entstehen, auf dem dann Windkraftanlagen vormontiert und verschifft werden. In dem markanten, maritim anmutenden Gebäude, das vor uns über den Deich guckt, befindet sich das Fraunhofer-Institut. Hier gilt das Forschungsinteresse vor allem einer verbesserten Windenergietechnik. Etwa zwei Kilometer weiter an der Fischereihafen-Doppelschleuse sitzt ebenfalls wissenschaftliche Prominenz in preisgekrönter Architektur: das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Deren Eisbrecher und Forschungsschiff Polarstern gilt als Wahrzeichen deutscher Polarforschung.
Foto: Stadtarchiv Bremerhaven
11. Freie Fahrt für große Pötte
Am Eingang des Fischereihafens angekommen gibt es eine kurze Verschnaufpause an der großen Doppelschleuse. Bis 1925 war der Fischereihafen tideabhängig und das Löschen der Fischdampfer bei einem Tidenhub von drei Metern umständlich. Mit dem Bau der Schleuse wurde der Hafen vom Wasserstand unabhängig, doch blieb die Verbindung von Weser und Hafen ein Nadelöhr für größere Schiffe. 2001 wurde die Anlage erweitert. Über die Doppelschleuse hinweg führt die Tour ins Herz Bremerhavens: zur historischen Einfahrt des Handelshafens von 1862. Der älteste Hafen der Stadt war zunächst Umschlagplatz für Reis, Baumwolle und Holz, später der wichtigste Petroleumimporthafen Deutschlands.
Foto: Falck Safety Services
12. Offshore-Action am Handelshafen
Das Gebäude an der alten historischen Einfahrt zum Handelshafen wirkt von außen wenig aufregend: In seinem Innern spielen sich jedoch regelmäßig dramatische Szenen ab. In dem Trainingszentrum für Offshore-Sicherheit werden Notfälle auf See auf spektakuläre Weise inszeniert. Um das Hochsee-Personal für den Fall der Fälle zu schulen, können in einem Trainingsbecken sogar hohe Wellen, Gewitter, Wind und Regen erzeugt werden. Nach der Querung der ältesten Brücke Bremerhavens, einer Drehbrücke von 1862, radeln wir an den Anlegern des Weser Yacht Clubs am Hauptkanal entlang. Der Kanal verband einst den Holzhafen mit dem damaligen Geestemünder Hafenbecken. Heute wohnt man hier exklusiv am Wasser. Weiter geht es am Restbecken des historischen Holzhafens, der heute von einer Grünanlage umgeben ist, und kehren zum Hauptbahnhof zurück.
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